Am gestrigen Abend besuchten wir, der S2-Theaterkurs unter der Leitung von Herrn Lücke, die Inszenierung Die Odyssee am Thalia Theater in der Gaußstraße.
Im Zentrum der Inszenierung stehen zwei Brüder, Telemachos und Telegonos, die mythischen Söhne des Odysseus, die sich anlässlich der Beerdigung ihres Vaters zum ersten Mal begegnen. Ohne vorher voneinander gewusst zu haben, nähern sie sich einander in einer eigens entwickelten, imaginären Sprache an und lernen sich auf außergewöhnliche Weise kennen. In einem impulsiven, spielerischen Austausch reflektieren sie ihre jeweils ganz eigene Vorstellung von den Taten ihres Vaters.
Formal bewegt sich die Aufführung klar im Rahmen des postdramatischen Theaters:
Auf eine lineare Erzählstruktur wird weitgehend verzichtet. Stattdessen dominieren performative Mittel, Körperlichkeit und eine stark visuell-akustische Ausdrucksform. Sprache fungiert nicht als Träger von Information, sondern wird als klangliches und rhythmisches Zeichen genutzt, unterstützt von intensiver Geräuschgestaltung und nonverbaler Kommunikation.
Besonders hervorzuheben ist der kreative Einsatz von Wiederholung: Zeichen, Bewegungen und Laute wurden mehrfach aufgegriffen, variiert und neu kontextualisiert, wodurch eine verfremdete Wiedererkennung und ein eigenständiger Symbolkosmos entstand. Dieser bewirkte beim Publikum sowohl humorvolle Aha-Momente als auch tiefere Reflexion.
Auffällig war zudem der permanente Wechsel zwischen Komik und Tragik. Skurrile Szenen schlugen innerhalb weniger Sekunden in ernste, nachdenkliche Momente um.
Auch die Zuschauerbeziehung wurde erweitert: Durch direkten Kontakt, intensive Blicke und das Spiel mit Sinneseindrücken – etwa durch den gezielten Einsatz von Gerüchen und Gehen durch die Gänge – wurde eine immersive Bühnenerfahrung geschaffen, die klassische Rezeptionsgewohnheiten bewusst hinterfragt.
Die Eindrücke unserer MitschülerInnen lassen sich mit wenigen Worten zusammenfassen: atemberaubend, verrückt, überraschend und geruchsintensiv.
Ein Theaterabend, der uns noch lange im Gedächtnis bleiben wird.
Sophia Poletaykina, S2
